Corporate Storytelling:
die wichtigsten Fragen und Antworten

Storytelling ist im Prinzip uralt – und gibt es schon viel länger als das geschriebene Wort. Bevor es Bücher gab, gaben die Menschen durch Storys Werte, Traditionen und Lehren weiter – und nicht durch Faktensammlungen. Warum? Schon vor Hunderten Jahren merkten die Menschen: Geschichten können sich Menschen besser merken und leichter weitererzählen.

Diese Erkenntnis kann man sich in einer durchdachten Marketingstrategie zunutze machen. Und: Durch die digitalen Möglichkeiten kann Storytelling heute auch von Mittelständlern eingesetzt werden und nicht mehr nur von Konzernen, die sich eigene Magazine leisten können.

Kernidee von Storytelling ist: Es wird nicht mehr das Produkt selbst beworben, sondern eine Geschichte über das Produkt erzählt, die emotional aufgeladen ist. Dabei kommt es zu einem Wechsel der Sichtweise: weg vom “brand-zentrierten” hin zur “customer-zentrierten” Story.

Anders gesagt: Unternehmen verkaufen nicht mehr den Wanderschuh, sondern das Abenteuer, das dieser Schuh verspricht. Oder man stellt die akribischen Tüftler vor, die auch nach Jahrzehnten noch Verbesserungen entwickeln, weil sie so leidenschaftlich am Werk sind. Je glaubwürdiger, realistischer und anschaulicher die Geschichte erzählt wird, desto wahrscheinlich ist es, dass sie gelesen, gesehen und weitergetragen wird – im digitalen Zeitalter mit einer enormen Katalysatorwirkung.

P.S.: Viele verwechseln Storytelling mit dem “Geschichtenerzählen”, sprich: dem Erfinden von Geschichten. In der Werbung wird der Begriff zwar manchmal so verwendet – siehe zum Beispiel die Edeka-Weihnachtskampagne. In Kommunikation, Marketing und Vertrieb sind Storys, die auf der Realität fußen, aber besser – und natürlich glaubwürdiger.

 Fazit: Show, don´t tell!

Ganz simpel: Ja. Wir bringen das Rüstzeug von Journalisten ein, die jahrelang für Medien wie DIE ZEIT, stern, brand eins oder Reuters gearbeitet haben. Denn an eine gute Corporate-Story muss man aus unserer Sicht genau so hohe Anforderungen wie an einen Artikel in einem überregionalen Medium anlegen. Beide Storys konkurrieren heute direkt miteinander. Im persönlichen Nachrichtenstrom in sozialen Medien setzt sich die beste Geschichte durch. Umso wichtiger ist es für Unternehmen oder Organisationen, sie so gut zu erzählen, dass sie mit Artikeln und Videos klassischer Medien mithalten und sie sogar übertreffen kann.

Gutes Storytelling denkt vom Leser und User her. Das heißt: Wir erzählen Geschichten, die die Zielgruppe wirklich interessieren (und nicht nur den Kommunikationschef). Erzählt in einer Sprache, die normale Menschen sprechen. Ohne Buzzwords oder  Managementsprech. Stattdessen: konkret werden und die echte Geschichte erzählen. Von Menschen, ihren Ideen und Visionen. Von der täglichen Arbeit, vom Hinfallen und Aufstehen.

Die besten Beispiele erlebt man manchmal direkt um die Ecke. Nur ein paar Meter von unserem Büro entfernt, beim Schnapshändler Dr. Kochan in Berlin (die Bezeichnung verkauft ihn völlig unter Wert: “Dr. Kochan” muss man sich wie einen Feinkostladen für edle Spirituosen vorstellen) standen wir eines Tages vor einem Regal und hatten die Auswahl zwischen zwei sehr ähnlichen Getränken. Von dem ersten erfuhren wir, es sei fachlich extrem gut gemacht und habe bei einem Wettbewerb eine hohe Punktzahl erreicht. Bei der zweiten Flasche, einem Halbbitter, erzählte mir der Besitzer folgende Geschichte über den Produzenten (die er auch in seinem Online-Shop aufgeschrieben hat:

Maxim Helldörfer aus Köln ist ein Kräuterheiliger. Während seiner Diplomarbeit hat er sich einen Garten zugelegt, als Ausgleich zur Schreibtischfron. Hier begann er, Kräuter anzubauen, später in Alkohol einzulegen, fachsprachlich: zu mazerieren. Aus dem Hobby wurde Leidenschaft, aus der Leidenschaft Expertenwissen, aus dem Expertenwissen die Firma Neue Mazerate.

Bis dahin war es eine anonyme Spirituose. Jetzt wurde daraus das Produkt eine Mannes, der neben seiner akademischen Arbeit mit großer Leidenschaft in seinen Kräutergarten arbeitete, um ein ganz besonderes Getränk herzustellen. Wir hatten sofort ein Bild vor Augen. Sie ahnen, welche Flasche wir gekauft haben? (Und welche Geschichte wir beim Verschenken erzählt haben?)

Alle, die Produkte, Projekte, Unternehmen oder Dienstleistungen verkaufen – also  Experten aus Kommunikation, HR, Marketing oder auch Führungskräfte, die häufig auf Konferenzen oder Podien zu Gast sind. Immer relevanter wird Storytelling auch für den E-Commerce, um die Wahrnehmung für das Produkt und die Zahlungsbereitschaft zu erhöhen. Hier macht man klar: Dies ist ein besonderes Produkt, hinter dem etwas Besonderes steckt – zum Beispiel besondere Zutaten, Ideen oder Historien. Hier ein Beispiel, mit dem Hansen&Hansen ein Immobilienprojekt aufgewertet hat:

Corporate Storytelling verfolgt strategische Ziele wie etwa die Erhöhung des Marktanteils. Deshalb muss jede einzelne Mikrostory Teil einer übergeordneten, großen Story sein – ansonsten wirken die einzelnen Teile beliebig. Jede Story spinnt den roten Faden weiter.  

Die Storys werden auf allen Kommunikationskanälen ausgespielt: im Blog, im digitalen oder gedruckten Magazin, eigenen Podcasts oder Social Media. Aber natürlich werden sie von Mitarbeitern auch bei Vorträgen oder Podiumsdiskussionen eingesetzt, um für die Marke oder ein Projekt zu werben. Achten Sie einmal in den berühmten TED-Talks darauf: Praktisch jeder Redner setzt Storys ein, um die Zuschauer zu fesseln.

In Redaktionskonferenzen großer Medien fällt oft der Satz: “Das ist ‘ne gute Geschichte”. Nur: was heißt das eigentlich genau? Und wann ist eine “Geschichte” im Corporate-Umfeld wirklich gut?

Hier hilft eine Unterteilung in die verschiedenen Story-Typen. Das mag erst einmal etwas theoretisch klingen. Aber glauben Sie uns: Es hilft, strategisch Storys zu entwickeln.

1. Unternehmensgeschichten

Ihre Mitarbeiter arbeiten in fünf verschiedenen Zeitzonen und haben deshalb neue Online-Tools entwickelt, um den Zusammenhalt zu stärken? Der Chef musste das Geschäft vom Vater übernehmen, als das globale Finanzsystem kollabierte und hat das zu seinem Vorteil genutzt? Menschen lieben Geschichten, die aus der Norm fallen. Ihr Unternehmen hat Ecken und Kanten? Gut so, das ist interessant!

Unternehmensgeschichten arbeiten heraus, wofür ein Unternehmen oder eine Organisation steht, wie der Chef und die Mitarbeiter ticken, was für ein Geist in der Firma herrscht. Was können Sie über Ihre Mitarbeiter, Unternehmen und Firmenphilosophie erzählen? Je weniger abgeschliffene PR-Stanzen und desto mehr konkrete Erzählung Sie einsetzen, desto besser. Also kein: “Wir legen Wert auf Teamgeist”. Sondern: Erzählen Sie, wie dieser Teamgeist konkret gefördert wird – zum Beispiel in einer Reportage über junge und ältere Mitarbeiter, die sich regelmäßig treffen, um voneinander zu lernen

2.  Produktgeschichten

Hinter guten Produkten steckt meist eine gute Geschichte. Clevere Verkäufer haben solche Storys früher dem Kunden im Laden erzählt und damit Bilder im Kopf erzeugt. Vom Kölner “Kräuterheiligen” zum Beispiel, der während seiner Diplomarbeit auf andere Gedanken kommen wollte und deshalb Kräuter anbaute und in Alkohol einlegte. Oder vom Hammer, für den die Baumarktkette Hornbach einen tschechischen Schützenpanzer kaufte, um daraus das Stahl zu fräsen.

3. Personality Storys 

Hier legt man die Geschichte einer oder mehrerer Mitarbeiter frei und erzählt sie – zum Beispiel im Blog oder Magazin. Das muss nicht nur der CEO sein. Oft haben Mitarbeiter eine spannende Geschichte zu erzählen: Werdegang, Haltung oder Antrieb – all das macht ein Unternehmen oder eine Organisation lebendig und gibt Kunden einen Grund, sich dafür zu entscheiden.

 4. Educational Storys

Ihr Produkt braucht eine Extra-Runde Erklärung? Sie wollen ein soziales oder gesellschaftliches Thema besetzen? Wählen Sie einen ‘Helden’ und schicken Sie ihn auf eine Reise, um (mit dem Leser/Hörer/User) etwas zu lernen und eine Erkenntnis zu gewinnen. 

Gutes Beispiel: Das Gastro-Unternehmen Chipotle Mexican Grill untermauert den Werbeslogan “Food with integrity” in einer Video-Serie  Hier zeigen die Burrito-Macher ganz anschaulich, wie eine nachhaltige Lebensmittelproduktion aussehen kann. Das erhöht die Glaubwürdigkeit des Slogans massiv – und ist Stoff, den man sich gerne weitererzählt (“Das sind übrigens die, …”).

Eine gute Story hat bestimmte Merkmale – egal sie im stern, dem Online-Magazin eines Dax-Konzerns oder im Blog eines Mittelständlers erscheint: Sie ist unmittelbar verständlich. Die wesentlichen Inhalte kann man sich leicht merken. Und weitererzählen.

Eine gute Story geht über die klassische Werbe- und Produktbeschreibung weit hinaus. Sie erzählt, was ein Produkt oder Unternehmen besonders macht: zum Beispiel die Menschen, die dieses täglich produzieren, die unternehmerische Vision oder die über  Generationen gelebten Werte. Damit die Story greifbar wird und sich im Kopf des Kunden verankert, muss man sie möglichst konkret erzählen. Also: Was sind das denn genau für Menschen, die diese Produkte herstellen? Was bewegt sich, was treibt sie an, wie ticken sie?

Es gibt ganz verschiedene Techniken, eine Story zu erzählen. Eine vielfach genutzte ist die sogenannte Heldenreise – Grundlage fast aller großen Filmerfolge. Vereinfacht gesagt verlässt der Held seine gewohnte Welt, weil ein Mangel oder ein Problem auftaucht, wird in eine neue Welt mit neuen Regeln gestoßen, geprüft, übersteht Gefahren – und kehrt gestärkt zurück. Fast alle Geschichten funktionieren seit Tausenden Jahren nach diesem Prinzip – ein starkes Indiz, wie wirksam es funktioniert.

Wir sehen uns selbst gerne als aufgeklärte, rationale Wesen. Doch die Wissenschaft hat schon lange widersprochen: Menschen handeln selten rein rational – und beim Kaufen ist das natürlich nicht anders. Egal ob Produkte oder Dienstleistungen: Käufe sind auch eine emotionale Entscheidung.

Für den Verkäufer ist eine Chance, die bislang wenig genutzt wurde. In Online-Shops aber auch im stationären Handel hat man kaum die Möglichkeit, jedem Kunden direkt eine Story nahezubringen. Die Digitalisierung ist hier von unschätzbarem Wert: Nun ist es möglich, in Shops nicht nur einen Wein, sondern auch die Geschichte dahinter (zum Beispiel über ein Interview mit dem Winzer oder eine Fotoreportage aus der Weinernte) zu zeigen. Und: Wir können Kunden die Möglichkeit geben, aus der Geschichte heraus direkt zu kaufen. Studien zeigen: Verbraucher sind bereit, für Produkte, die mit Geschichten verknüpft sind, mehr zu bezahlen.

Der durchschnittliche Verbraucher greift laut Google auf zehn Online-Inhalte zu, bevor er oder sie eine Kaufentscheidung trifft. Käufer suchen hochwertigen, relevanten, unterhaltsamen Content. Wer mit gutem Storytelling erklärt, wer er wirklich ist und wofür er steht, erhöht den wahrgenommenen Wert seiner Produkte. Das steigert die Kaufbereitschaft. Storytelling spart Geld (für uneffektive Werbung), macht Unternehmen attraktiver für neue Mitarbeiter und erhöht den Umsatz: Unternehmen wecken Emotionen, werden interessanter, stechen hervor.

Im Überblick:

+ Neukundengewinnung
+ engere Kundenbindung
+ Zahlungsbereitschaft der Kunden steigt
+ gesteigerte Reichweite, Konversionsrate und SEO-Ranking des Web-Auftritts
+ direkter, kostengünstiger Traffic
+ bessere Markenwahrnehmung und Firmenimage

Dass sich Storys schon seit Menschengedenken extrem gut geeignet haben, um Informationen weiterzugeben, ist kein Zufall. Die Wissenschaft kann heute nachweisen, dass das menschliche Gehirn Informationen durch Storytelling leichter aufnehmen kann. „Die Forschung zeigt: Unsere Gehirne können sich Geschichten besser merken als Fakten – bis zu 22 Mal so gut. Wer Daten und Storys verschmilzt, berührt seine Zuhörer emotional und intellektuell“, sagt Jennifer Aaker, Professorin für Marketing, Stanford.

Verbraucher lieben Inhalte, bei denen die Werbeaussage dezent im Hintergrund steht und sie statt dessen etwas lernen, unterhalten werden und emotional berührt werden. Laut der Adobe-Studie zum Onlinemarketing wird für 73 Prozent der deutschen Verbraucher Werbung erst interessant, wenn sie nicht bloß ein Produkt verkaufen will, sondern eine einzigartige Story erzählt.

Generell geben Kunden für ein Produkt mehr Geld aus, wenn sie die Geschichte dahinter erfahren und es deshalb stärker wertschätzen. Wie stark der Effekt ausfällt, zeigt eine repräsentative Studie unter Amerikanern von Origin/Hill Holliday. Dafür wurde den Teilnehmern eine Produktseite mit vier Flaschen kalifornischen Chardonnay vorgelegt: einmal mit klassischen Geschmacksbeschreibungen, einmal mit einer Geschichte über die Winzer. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Flasche ausgewählt wurde, erhöhte sich im zweiten Fall um 5 Prozent – und die Zahlungsbereitschaft um 6 Prozent. Ein sogar noch stärkerer Effekt zeigte sich beim Verkauf eines Bildes: Hier waren die Teilnehmer bereit, 11 Prozent mehr auszugeben, nachdem ihnen die persönliche Geschichte des Künstlers erzählt wurde. Mehr Beispiele? Finden Sie hier!

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